Incubus Leben in einer Welt von Superkraft-Nutzern-Chapter 87: Das stille Mädchen
Chapter 87: Das stille Mädchen
Währenddessen, vor ein paar Stunden, zurück in der Schule, als Ethan und die Zwillinge den Unterricht verließen.
Stühle scharrten leise über den Boden, während die Schüler ebenfalls begannen, ihre Sachen zu packen. Rucksäcke wurden zugezogen, Handys summten, und Gespräche setzten im ganzen Raum ein, als hätte jemand das Leben wieder eingeschaltet.
Aber ganz hinten in der Klasse bewegte sich ein Mädchen langsamer als die anderen.
Sie beeilte sich nicht.
Sie sprach nicht.
Sie schloss ihr Notizbuch, schob ihr Federmäppchen behutsam in ihre Tasche und stand leise auf, von den meisten unbemerkt.
Ihr langes, glattes schwarzes Haar streifte sanft über ihre Schultern, als sie sich bewegte. Obwohl sie die gleiche Schuluniform wie alle anderen trug, sah sie an ihr irgendwie ordentlicher aus.
Sie saß enger an den Manschetten und war perfekt glattgestrichen.
Keine Falten. Keine losen Fäden.
Ihre Augen waren ruhig, dunkel und nachdenklich, aber sie trugen etwas Fernes in sich – ein Gefühl, als würde sie die Welt aus einem Schritt zu weit weg beobachten.
Sie sprach mit niemandem, als sie das Klassenzimmer verließ.
Niemand hielt sie auf.
Niemand schaute auch nur.
Und vielleicht war das Absicht.
Sie ging den Flur entlang, leise und gleichmäßig. Ihre Schuhe klickten sanft auf den polierten Fliesen, aber das Geräusch hallte nicht wider. Es zog keine Aufmerksamkeit auf sich.
Selbst als sie an Gruppen lachender Schüler vorbeiging, drehte sich keiner von ihnen zu ihr um. Sie nahmen sie überhaupt nicht wahr.
Als würde sie nicht existieren.
Aber das tat sie.
Sie war nur in etwas Subtiles gehüllt. Etwas Schützendes.
Während sie ging, flackerte ein sanftes Leuchten über die kleine Haarnadel, die in ihrem Pony steckte.
Sie war so groß wie ein Fingernagel. Geformt wie ein Halbmond. Blaues Licht schimmerte kurz darüber – zu schwach, um es zu bemerken, wenn man nicht danach suchte. Dann verblasste es.
Direkt vor dem Schultor wärmte die Nachmittagssonne den Gehweg. Eine sanfte Brise wehte durch die Reihen geparkter Autos und filterte durch die Blätter darüber.
Und dort warteten sie.
Vier schwarze Fahrzeuge.
Alle identisch.
Schwarzer Lack auf Hochglanz poliert. Fenster vollständig getönt. Keine Markierungen. Keine Embleme.
Sie gehörten nicht zur Polizei, oder zur Regierung, oder zu irgendeiner Firma, die die Schüler hätten benennen können.
Und es waren auch keine normalen Autos.
Sie schwebten.
Nur wenige Zentimeter über der Straße, Motoren lautlos, Karosserien regungslos. Sie waren nicht geparkt, sondern schienen wie auf unsichtbaren Schienen zu schweben.
Neben jedem Fahrzeug stand ein kleines Team von Frauen.
Alle trugen sie passende Anzüge – maßgeschneidert in Schwarz mit silbernen Akzenten. Ihre Absätze waren lautlos, ihre Haltung präzise, und ihre Augen scannten das Schultor mit geübter Ruhe.
Jede von ihnen war beeindruckend.
Einige waren groß, andere kompakter, aber alle strahlten dieselbe Präsenz aus: professionell, trainiert und wachsam.
Und alle waren sie außergewöhnlich schön.
Es war eine Szene, die eigentlich eine Menschenmenge hätte anziehen müssen.
Aber niemand bemerkte es.
Schüler gingen direkt daran vorbei.
Lehrer sagten kein Wort.
Einige warfen kurz einen Blick auf die Autos, blinzelten dann – und gingen weiter, als hätten sie überhaupt nichts gesehen.
Das Mädchen am Tor hielt kurz inne, ihre Augen überflogen die Straße.
Dann atmete sie leise aus.
„Sie haben es wieder aktiviert...", murmelte sie.
Sie trat vor, ihre Schuhe klickten einmal auf dem Pflaster, bevor sie die Grenze zwischen dem Schulgelände und dem wartenden Konvoi überschritt.
Sofort trat eine der Wachen vor.
Sie war die größte der Gruppe. Ihr Anzug war etwas anders geschnitten – formeller, mit einem silbernen Abzeichen in Form eines geschwungenen Flügels an ihrem Kragen.
Ihr dunkles Haar war zu einem scharfen, hohen Pferdeschwanz zurückgebunden, der sich selbst in der Brise nicht bewegte.
Als das Mädchen näher kam, verbeugte sich die Wache leicht – nicht zu tief, aber respektvoll.
„Junge Herrin", sagte sie sanft. „Verlief Ihr Tag gut?"
Das Mädchen schenkte ihr ein müdes kleines Lächeln. „Es war... normal. Keine Vorfälle."
„Das freut mich zu hören."
Die Frau richtete sich auf und ging mit ihr, in respektvollem Abstand an ihrer Seite, als sie sich dem nächsten Auto näherten.
Die Tür öffnete sich automatisch, als sie näher kamen.
Das Innere bestand aus weichem Leder und cremefarbenem Samt, mit kühler Luft und einem schwachen Lavendelduft, der herausströmte.
Das junge Mädchen zögerte nicht.
Sie stieg ein und sank leise in den Rücksitz, ihre Schultern entspannten sich endlich.
Die Hauptwache schloss die Tür hinter ihr.
Dann ging sie zur vorderen Beifahrerseite und stieg ein.
In dem Moment, als sie ihre Tür schloss, passten sich die anderen drei Autos leicht an, synchronisierten sich mit dem führenden Fahrzeug.
Dann – sanft – hob der Konvoi ab.
Kein Grollen.
Keine Warnung.
Die Autos stiegen in die Luft wie Vögel, die auf unsichtbaren Schwingen gleiten.
Sie schwebten aufwärts, umgingen mühelos den Straßenverkehr.
Als sie an Höhe gewannen, fiel das Sonnenlicht auf das Kennzeichen des führenden Wagens.
Es lautete schlicht: SA 00005
Unten auf dem Boden drehten sich die Menschen, die gerade eben noch vorbeigegangen waren, immer noch nicht um. Sie schauten nicht nach oben. Sie stellten keine Fragen.
Weil sie sich nicht erinnerten, irgendetwas gesehen zu haben.
Auf dem Rücksitz lehnte sich das Mädchen gegen das Fenster.
Sie blickte hinaus und beobachtete, wie die Schule unter ihr kleiner wurde.
Die Hauptwache drehte sich leicht in ihrem Sitz. „Irgendwelche Probleme mit dem Unterdrückungssiegel heute?"
„Nein", sagte das Mädchen leise. „Es blieb an seinem Platz. Niemand hat mich bemerkt."
„Gut. So sollte es sein."
Das Mädchen antwortete nicht sofort.
Dann, nach einer Pause, blickte sie auf ihre Uniform hinab.
„Ich habe... ihn heute wieder gesehen."
Die Wache neigte den Kopf. „Ihn?"
Das Mädchen nickte langsam. „Ethan Nocturne."
Dieser Name ließ das Innere des Autos verstummen.
Die Luft schien den Atem anzuhalten.
Aber die Hauptwache sprach nicht sofort.
Schließlich fragte sie: „Hat er dich bemerkt?"
„Ich glaube nicht", antwortete das Mädchen. „Aber... ich bin vielleicht – nur ein wenig – abgerutscht. Meine Haarnadel hat sich aktiviert. Die, die mein Bruder mir gegeben hat."
„Du warst geschützt", sagte die Wache bestimmt.
„Trotzdem", flüsterte das Mädchen. „Er stach heraus. Es war, als... würde er nicht zum Raum passen. Als ob sich alles andere ein wenig um ihn herum bog."
Die Wache antwortete nicht.
Sie blickte nach vorne, ihr Gesichtsausdruck unlesbar.
Das Auto setzte seinen Aufstieg fort und verschwand in den Wolken.
Die anderen drei Autos folgten dahinter.
Und unter ihnen ging die Stadt weiter, als wäre nie etwas geschehen.
Einfach nur ein weiterer Schultag.
Einfach nur ein weiteres Mädchen, das nach Hause fährt.
Aber das leise Summen des Motors – und das schwache blaue Pulsieren der Haarnadel – sagten etwas anderes.